Content Marketing boomt und zieht auch Journalisten auf die andere Seite des Schreibtisches. Warum aber wechseln selbst etablierte Köpfe in eine Branche, die sie früher oft nicht ernst nahmen? brandiz befragte prominente Seiten-Wechsler und erhielt interessante Antworten. Ein Gespräch mit Matthias Oden, Content Director bei der Content-Marketing-Agentur C3.
Funktioniert Journalismus auch ohne journalistische Unabhängigkeit?
Matthias Oden: Klar, das nennt man dann PR. Aber ich finde diese ganze Diskussion, ob Content Marketing nun Journalismus sei, der Retter desselben oder was auch immer, eigentlich ziemlich überflüssig. Natürlich ist Content Marketing kein Journalismus. Etwas ist Marketing oder etwas ist Journalismus, dazwischen gibt es keinen Graubereich. Aber Content Marketing, gutes jedenfalls, arbeitet journalistisch.
Welche Regeln des Journalismus gelten im Content Marketing nicht?
Journalismus darf sich nicht kaufen lassen, Marketing ist per Definition bezahlt. Wenn man so will, wäre das also eine Regel, die nur für Journalisten gilt. Aber meiner Meinung nach greift dieses Verständnis zu kurz, weil es nicht Regeln sind, die beide voneinander unterscheiden, sondern völlig verschiedene Ausgangssituationen und Daseinszwecke. Noch einmal: Es geht nicht darum, Content Marketing irgendwie als Ersatz, als Gegenmodell oder ähnliches zum Journalismus aufzubauen. Das sind grundlegend verschiedene Felder, auch wenn man sie mit ähnlichen Werkzeugen beackert. Beide haben ihre Berechtigung, beide stillen sie Bedürfnisse. Wenn sie gut gemacht sind, ist das toll. Sind sie schlecht, geht’s nicht lange gut.
Warum wechseln so viele, auch hochrangige Journalisten ins Corporate-Fach? Wegen der spannenderen Aufgaben, wegen des Geldes oder weil sie vom klassischen Journalismus desillusioniert sind?
Ich denke, für jeden dieser Gründe ließen sich Beispiele finden, ja, auch wenn es wahrscheinlich meistens eine Kombination aus mehreren Faktoren sein dürfte. Aber natürlich spielen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Verlagshäuser da eine große Rolle: Wenn es in deiner alten Branche zunehmend zugig wird und plötzlich boomt eine andere, die genau dein Skill-Set benötigt, dann freust du dich, Alternativen zu haben. Insofern profitiert Content Marketing personell ganz klar von der Medienkrise.
Schon mal bereut, ins Content Marketing gewechselt zu sein?
Nein. Wirklich nicht. Die Aufgabenpalette ist viel größer, auch die Möglichkeiten, sich kreativ auszutoben. Natürlich gibt es Einschränkungen, die man als Journalist nicht hatte, aber das war mir vorher klar, und wie gesagt: Man wird durch anderes entschädigt. Ich langweile mich ziemlich schnell, und Content Marketing zwingt dich gerade dazu, sehr viele unterschiedliche Dinge parallel oder hintereinander anzugehen.
Inzwischen hat jede Werbeagentur ihre CM-Abteilung. Ist das ein Zeichen für Übersättigung und drohenden Preisverfall?
Ja, der Markt ist schwieriger geworden. Und ja, alle bieten sie plötzlich Content an oder wollen es zumindest: Beratungen, Media-, Kreativagenturen und und und. Drückt das die Preise? Jein. C3 ist Premium, die Kunden, die bei uns anfragen, wissen das. Und Qualität ist nicht für ein Butterbrot zu haben. Wer sich sein Content Marketing für Dumpingpreise einkauft, wird sehr schnell merken, dass er am falschen Ende gespart hat. Übersättigt allerdings ist der Markt nicht, im Gegenteil: er wird weiter wachsen.
Matthias Oden ist Content Director bei der Content-Marketing-Agentur C3 und leitet die Redaktion des Münchener Standorts. Davor war er Stellvertretender Chefredakteur der W&V, Redaktionsleiter von Business Punk und Redakteur der Financial Times Deutschland. Oden lebt in München.
Siehe auch:
Markus Elsen, Client Service Director Publicis Pixelpark
Stefan Tillmann, Editorial Director Content to Results
Dirk Benninghoff, Chefredakteur Public Relations, FischerAppelt
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